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Twice Excep­tion­al­i­ty – um was geht es?

Seit einigen Jahren wird dem Phänomen der Twice Exceptionality (im Folgenden abgekürzt mit TE) erfreulicherweise sowohl in der Wissenschaft als auch in der Praxis vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt.

«Als Twice Exceptionals werden Lernende bezeichnet, die einerseits eine überdurchschnittliche Fähigkeit aufweisen und andererseits auch eine Lernschwierigkeit.»[i]

Es besteht inzwischen weitgehend Konsens darüber, dass Schwierigkeiten im Lernen unabhängig von einem hohen Potential auftreten können. Und dass ein hohes Potential nicht zwingend in Exzellenz münden muss.[ii] Bedauerlicherweise ist die TE in den Schulen aber noch nicht so bekannt, dass entsprechende pädagogische Massnahmen eingeleitet würden. Wir beobachten im Zusammenhang mit dem Phänomen, dass die Schwierigkeiten im Zentrum der schulischen Förderung stehen – und nicht die Förderung des Potentials. Und so entsteht ein Ungleichgewicht auf Kosten der Begabungs- und Persönlichkeitsentwicklung der Lernenden oder des Lernenden.

Mit diesem Artikel möchten wir einen Beitrag zum besseren Verständnis der besonderen Lernbedürfnisse von Kindern mit TE leisten. Es sind nicht selten die Bedingungen, welche Kinder daran hindern, ihr Potential zu entfalten. Wir werden zeigen, was wir diesbezüglich aus lerntherapeutischer Sicht oder aus Sicht der Marte Meo Kommunikationsmethode beobachten – und welche Begleitung helfen kann.

Begabtenförderung und/oder sonderpädagogischer Förderansatz

«In What Makes Giftedness (1978) definierte Renzulli Hochbegabung im Sinne eines hohen Leistungspotenzials als eine Kombination aus drei Faktoren, nämlich überdurchschnittliche Fähigkeit, Kreativität und Aufgabenverpflichtung, die bei bestimmten Menschen und unter bestimmten Bedingungen auftreten.»[iii]

Renzulli ging es in seinem Modell darum, das Spektrum für Kinder zu öffnen, die potenziell begabt sind (in Abkehr von den – heute noch immer dominierenden – traditionellen Intelligenztests). In der aktuellen TE-Forschung konnte abstützend auf dieses Modell folgendes Fazit gezogen werden: Lernende mit Lernbeeinträchtigungen und mit hohen intellektuellen Fähigkeiten waren kreativer und hatten intensivere Interessen als begabte Gleichaltrige oder solche mit Lernschwierigkeiten und durchschnittlicher Intelligenz – aber erlebten zugleich eine geringere Selbstwirksamkeit, sahen sich als Schulversager und wiesen von den drei untersuchten Gruppen die störendsten Verhaltensweisen in der Schule auf.[iv]

Es liegt daher unserer Meinung nach auf der Hand, dass Angebote mit einem herkömmlichen sonderpädagogischen Förderansatz bei diesen Lernenden nicht respektive zu einseitig greifen. Ein Hand-in-Hand-Gehen der Sonderpädagogik mit der Begabtenförderung sehen wir hier als zwingend an.

[i] Baum, S., Schader, R., 2021, S. 558.

[ii] https://www.researchgate.net/publication/344491520_Meistern_statt_Maskieren_Lese-_und_Recht-Schreibstrategien_fur_mehrfach_aussergewohnliche_Kinder, S. 222ff.

[iii] Baum, S., Schader, R., 2021, S. 590.

[iv] Baum, S., Schader, R., 2021, S. 591.

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